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Fernweh

Fernweh - die schönsten deutschen Wörter

Fernweh, das

– Sehnsucht nach der Ferne, nach Reisen in ferne Länder; das Gegenteil von Heimweh –

Trautes Heim, Glück allein.
Warum in die Ferne schweifen? Das Gute liegt so nah!

Wer unter Fernweh leidet, der wird bei solchen Worten nur verständnislos mit dem Kopf schütteln. Wen diese romantische Sehnsucht nach der Ferne gepackt hat, für den ist die Heimat nur noch Ausgangspunkt und Zwischenstation, niemals aber das Ziel. Schon kurze Zeit nach der Rückkehr von einer Reise steigt das Reisefieber erneut und es genügt der Anblick ziehender Wolken, eines Schiffes im Hafen oder eines Flugzeugs am Himmel, um wehmütiges Fernweh zu erzeugen.

Das Altvertraute verlassen, um sich neue Welten zu erschließen. Was früher mit großen Abenteuern im Stile Alexander von Humboldts verbunden war, geht heute auch ganz bequem per Pauschalreise. Ob auf Schusters Rappen, mit dem Rad, per Anhalter, mit dem alten, klapprigen VW-Bus oder in der Reisegruppe mit Reiseleiter im klimatisierten Minibus, Fernreisen kann heutzutage jeder.
Der Ruf der Ferne ist allgegenwärtig. Reiseunternehmen, Fernsehen und Internet erwecken oder erzeugen Fernweh und versprechen gleichzeitig die Linderung. Heilung aus dem Reisekatalog, und unseren Lebensstandard nehmen wir gleich mit zum Fremdekulturengucken. Natürlich darf auch die Selfie-Stange nicht fehlen, für die Fotoreihe „Ich und…“: Ich und der Tempel, ich und der einheimische Obstverkäufer, ich und der Esel…

In der heutigen Zeit besteht das größte Reiseabenteuer oftmals darin, einen Ort mit Internetverbindung zu finden, denn der direkte Draht zur Heimat scheint wichtiger denn je. Manch einer misst das Fernweh und Reisefieber in Status- oder Bonusmeilen, in der Anzahl neuer Facebook-Freunde aus fernen Ländern und mit exotisch klingenden Namen oder in der Menge der geschossenen Fotos. Von diesen Fotos werden dann viele schon von unterwegs gepostet und kommentiert. Denn auch in der Ferne weiß man seine Freunde, Fans oder Follower doch ganz gern in der Nähe. Und so erfährt man schon unmittelbar nach Erleben dank Teilen, Liken und Kommentieren, wie die erlebten Momente in der Heimat ankommen.
Dabei hat diese ganze Teilerei in den sozialen Netzwerken aber auch einen enormen Vorteil für alle Daheimgebliebenen: Sie erspart uns diese zähen Dia- oder Fotoabende, während derer uns der begeisterte Rückkehrer mit allen Einzelheiten seiner Reise beglücken will. Das ist auch oft der Moment, in dem wir uns die Frage stellen, ob wir auf einer Reise eigentlich knipsen und filmen, was wir erleben, oder ob wir erleben, was wir knipsen und filmen.

In der Ferne mit Blick nach Hause oder zu Hause mit Blick in die Ferne. Wer nicht will, braucht zum Fernreisen noch nicht einmal seine eigenen vier Wände zu verlassen. Balkonien ist ein sehr reizvolles Reiseziel. Und ein Streifzug durch bestimmte Viertel unserer Städte führt uns vor Augen: Das Ferne und viele Kulturen sind heute Bestandteil unserer Heimat, sie gehören dazu und machen die eigene Welt bunter.
Vielleicht liegen Fernweh und Heimweh also gar nicht so weit auseinander. Viele gut sortierte Supermärkte und kleine ausländische Lebensmittelgeschäfte in unseren Städten halten in ihren Regalen Mittel bereit, gegen Heimweh für die einen und gegen Fernweh für die anderen.

So kommen wir am Ende auch wieder zurück zu Goethe und seiner Erinnerung:

Willst du immer weiter schweifen?
Sieh, das Gute liegt so nah.
Lerne nur das Glück ergreifen.
Denn das Glück ist immer da.
(Johann Wolfgang von Goethe, Erinnerung)

 

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